Vergessene Mütter, die nicht vergessen können. Leibliche Eltern von Adoptivkindern
Martin R. Textor
Rund 250 000 Mütter haben in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende des 2. Weltkrieges Kinder zur Adoption freigegeben (Die Tageszeitung/taz, 25. 8. 1985). Trotz der großen Zahl Betroffener liegen nur wenig wissenschaftliche Forschungsergebnisse und Praxisberichte über die Situation abgebender Mütter vor. Dasselbe gilt für das englischsprachige Ausland. Noch weniger Informationen sind über die leiblichen Väter von Adoptivkindern vorhanden. Das liegt teilweise daran, dass viele unbekannt bleiben oder von den Adoptionsvermittlern nicht in das Verfahren einbezogen werden, da dieses die Vermittlung erschweren oder eventuell gar in Frage stellen könnte. Zudem werden sie vielfach von den leiblichen Müttern gedeckt oder brechen die Beziehung zu ihnen gänzlich ab - sie können sich häufig jeglicher Verantwortung für ihre Kinder entziehen. Aber selbst wenn leibliche Väter zu Gesprächen in die Adoptionsvermittlungsstelle kommen, werden nur wenige Angaben über sie in der Adoptionsakte niedergelegt (Shaw 1983; Ensminger 1984; Inglis 1984; Schulz 1984; Bagley 1986; Swientek 1986). In diesem Artikel soll ein Überblick über die Situation leiblicher Eltern von Adoptivkindern anhand der vorliegenden Informationen gegeben werden. Bei zitierten Prozentsätzen ist immer zu beachten, dass sie nicht repräsentativ sind, da sich fast alle Studien auf sehr kleine und willkürlich gewählte Stichproben beziehen.
1. Demographische Angaben
Demographische Angaben über eine größere Zahl leiblicher Eltern von Adoptivkindern liegen in der Bundesrepublik Deutschland nur aus dem Jahr 1969 vor. Zu diesem Zeitpunkt stellte Napp-Peters (1978) bei der Untersuchung von 1.362 Adoptionsfällen fest, dass 11% der leiblichen Mütter unter 20, 37,4% zwischen 20 und 26, 21,5% zwischen 26 und 30 und 25,7% über 30 Jahre alt waren (4,3% ohne Angabe) (vgl. Hoffmann-Riem 1984; Jungmann 1987). Bohman (1980) ermittelte eine ähnliche Altersverteilung für die leiblichen Mütter schwedischer Adoptivkinder, während Angaben aus den USA und Australien darauf schließen lassen, dass die Mütter im Durchschnitt jünger sind (Jungmann 1980; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Deykin, Campbell und Patti 1984; Inglis 1984). Laut der Studie von Napp-Peters (1978) waren 1,9% der leiblichen Väter unter 20, 16,7% zwischen 20 und 26, 14,5% zwischen 26 und 30 und 24,4% über 30 Jahre alt; von 42,4% der Väter lagen den Adoptionsvermittlern keine Angaben vor. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Bohman (1980), der für die biologischen Väter schwedischer Adoptivkinder ein Durchschnittsalter von 28,6 Jahren ermittelte.
Nach der Untersuchung von Napp-Peters (1978) waren 1969 54% der leiblichen Mütter ledig, 1,6% verwitwet, 21,7% geschieden und 20,4% verheiratet (2,3% ohne Angaben), wobei viele der nominell verheirateten Frauen von ihren Männern getrennt lebten (so auch Jungmann 1987). 34,2% hatten noch mindestens ein weiteres nichteheliches und 23,3% noch mindestens ein eheliches Kind; 9,7% hatten noch weitere eheliche und nichteheliche Kinder (30,0% hatten keine weiteren Kinder, 2,7% ohne Angaben). Die Auswertung von 198 Adoptionsakten aus West-Berlin (Jungmann 1987) ergab, dass dort sogar rund 70% der Mütter weitere Kinder hatten - in 23% der Fälle hatte das zur Adoption freigegebene Kind drei bis sechs Geschwister. 56% der Geschwister lebten bei der Mutter und 15% bei anderen Verwandten; die übrigen wurden fremdbetreut. Von den leiblichen Vätern waren 1969 laut Napp-Peters (1978) 26,8% ledig, 0,7% verwitwet, 8,4% geschieden und 21% verheiratet; von 43,0% lagen diesbezügliche Angaben nicht vor. 38,3% hatten keine weiteren Kinder gezeugt; 3,8% hatten noch mindestens ein weiteres nichteheliches und 16,4% noch mindestens ein eheliches Kind (1,5% hatten weitere eheliche und nichteheliche Kinder; 40,0% ohne Angaben).
Laut der Untersuchung von Napp-Peters (1978) hatten 5,6% der leiblichen Mütter von 1362 vermittelten Adoptivkindern die Sonderschule, 6,2% die Volksschule ohne Abschluss, 74,3% die Volksschule mit Abschluss, 6,7% die Realschule und 3,1% das Gymnasium besucht (4,1% ohne Angabe). 47,3% hatten keine Berufsausbildung genossen, 12,3% waren angelernt worden, 26,3% hatten eine Lehre abgeschlossen, 8,1% hatten eine Fachschule und 1% eine Fachhochschule oder Universität besucht (5,0% ohne Angabe). 12,5% waren als Hausfrauen, 27,8% im kaufmännischen und handwerklichen Bereich, 13,7% im Gaststättengewerbe, 8,4% im hauswirtschaftlichen Bereich, 4,6% als Prostituierte, 21,0% als Arbeiterinnen und 4,8% in sozialen und akademischen Berufen tätig (2,5% noch in Ausbildung, 4,8% ohne Angaben). Offensichtlich ist, dass der größte Teil der leiblichen Mütter der Unterschicht angehörten sowie großen sozialen und wirtschaftlichen Belastungen ausgesetzt war - hier muss man auch bedenken, dass die meisten alleinstehend waren und weitere Kinder versorgen mussten. Auch die Väter von Adoptivkindern gehörten zu einem großen Teil der Unterschicht an, obwohl auch hier in mehr als 40% der Fälle keine Informationen über Schulbildung, Berufsausbildung und derzeitigen Beruf vorlagen (Napp-Peters 1978; Jungmann 1987). Offen ist, ob diese Aussagen auch noch für die Gegenwart gelten, da neuere statistische Daten nicht vorhanden sind.
2. Persönlichkeit und Partnerbeziehung
Über die Persönlichkeitsstruktur leiblicher Mütter von Adoptivkindern liegen fast keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Martin, Mazurkewich und Fischer (1976) testeten 10 unverheiratete kanadische Mütter, die ihr Kind behielten, und neun Frauen, die es zur Adoption freigaben (Durchschnittsalter zwischen 18 und 19 Jahren). Sie ermittelten, dass die Frauen, die ihr Kind zur Adoption freigaben, im Vergleich zur Kontrollgruppe weniger unterwürfig, abhängig, gehorsam und konformistisch waren, jedoch ein negativeres Selbstbild hatten und weniger hohe Erwartungen an sich selbst stellten. Ansonsten gab es keine größeren Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Keine der Frauen war psychisch gestört oder neurotisch. Andere klinische und psychosoziale Studien belegen laut Resnick (1984), dass junge Frauen, die ein Kind zur Adoption freigaben, psychisch besser angepasst und emotional stabiler waren als unverheiratete Frauen, die ihre Kinder behielten.
Swientek (1986) stellte hingegen bei der Befragung von 75 deutschen Frauen fest, dass es 51 zum Zeitpunkt der Freigabe des Kindes psychisch schlecht ging (und 27 körperlich schlecht). Sie schreibt: "Vier Fünftel aller Frauen fühlten sich psychisch zumindest eingeschränkt. Knapp die Hälfte war zum Zeitpunkt der Freigabe/der Entscheidung eindeutig psychisch krank ... Der psychisch desolate Zustand der Frauen war ausnahmslos reaktiv. Sie reagierten auf die (i.d.R.) ungewollte Schwangerschaft, auf die massive Ablehnung während der Schwangerschaft, auf Hinauswurf, Schläge, auf die psychischen Misshandlungen vor und in der Geburt, auf die Zumutungen der unfreiwilligen Trennung vom Kind, das sie gerne behalten hätten" (S. 218). Hinzu kommen psychische Belastungen, die aus nicht vorhandenen oder unbefriedigenden Beziehungen zu den eigenen Eltern resultieren. So berichteten 28 von 75 leiblichen Müttern von derartigen Beziehungen zu den eigenen Müttern und 44 Frauen von solchen Beziehungen zu den Vätern. Vereinzelt hatten sie auch erhebliche Probleme mit Geschwistern.
Jungmann (1987) ermittelte bei der Auswertung von 198 West-Berliner Adoptionsakten, dass sich bei 2% der Mütter Hinweise auf Alkoholmissbrauch und bei 5% auf kriminelle Delikte fanden - bei den leiblichen Vätern waren es 5% bzw. 10%. Ähnliche Ergebnisse werden von Bohman (1980) über die Eltern von 168 schwedischen Adoptivkindern berichtet. Auch litten 18% der von ihm erfassten Mütter unter psychischen Störungen und 7% unter sozialen Anpassungsschwierigkeiten; 3% waren stationär von Psychiatern behandelt worden.
Über die Beziehung zwischen den leiblichen Eltern von Adoptivkindern liegen noch weniger Forschungsergebnisse vor. Sorosky, Baran und Pannor (1982) berichteten, dass die Mütter in der Regel ihre Sexualpartner mindestens sechs Monate kannten, bevor sie schwanger wurden, sie liebten und sich an sie gebunden fühlten. Die von ihnen befragten 36 leiblichen Mütter bezeichneten ihr Verhältnis zum Kindesvater zumeist als Schülerliebe, als oberflächliche Beziehung oder als gute Freundschaft. Jungmann (1987) stellte bei seiner Untersuchung in West-Berlin fest, dass es sich in 62% von 198 Fällen um eine oberflächliche Beziehung zwischen den leiblichen Eltern handelte. Swientek (1986) berichtete hingegen, dass nur in 14 von 75 Fällen eine flüchtige Bekanntschaft bestand (in zwei Fällen war der leibliche Vater unbekannt, in einem war es der Stiefvater). Ansonsten waren die leiblichen Mütter entweder mit dem Kindesvater verheiratet bzw. verlobt oder in einer festen Beziehung verbunden. Oft war dieser der erste Sexualpartner der Frau. Die Beziehung zu ihm wurde in 10 Fällen bereits vor der Diagnose der Schwangerschaft und in 20 Fällen vor der Geburt des Kindes beendet.
Auch über die leiblichen Eltern älterer Kinder, die zur Adoption freigegeben werden, gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse. Kadushin (1970) stellte bei seiner Untersuchung von 91 amerikanischen Fällen fest, dass in 41% der Fälle die Ehe aufgrund der vorehelichen Schwangerschaft der Frau geschlossen wurde. Nur bei 4% galt die Ehe als harmonisch, bei 69% gab es häufig Auseinandersetzungen, Konflikte, kurzzeitige Trennungen oder außereheliche Beziehungen. 31% der Mütter und 21% der Väter galten als "emotionally unstable", 20% der Mütter und 47% der Väter als Alkoholiker. Etwa 70% der Mütter vernachlässigten ihre Kinder physisch und/oder emotional.
3. Schwangerschaft
Als Ursachen für eine unerwünschte Schwangerschaft werden heute noch immer mangelnde Aufklärung, fehlerhafte Verhütungsmaßnahmen, Nachlässigkeit und Impulsivität genannt (Pannor, Baran und Sorosky 1978; Phipps-Yonas 1980; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Shaw 1983; Resnick 1984; Mantel 1987). So war nur in 9 der von Swientek (1986) untersuchten 75 Fälle die Schwangerschaft geplant; ansonsten beruhte sie zumeist auf Verhütungspannen. Vielfach werden unbewusste Motive und Bedürfnisse (z.B. Protest gegen mangelnde Liebe, Streben nach Unabhängigkeit von den Eltern, Wunsch nach einem Liebesobjekt usw.) als Gründe erwähnt, vereinzelt aber auch Vergewaltigung und Inzest (Straker und Altman 1979; Phipps-Yonas 1980; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Inglis 1984; Kraft et al. 1985; Sailer 1986; Mantel 1987). Viele ältere Frauen versuchen auch unbewusst, durch die Schwangerschaft eine zerbrechende oder tote Ehe zu retten oder einen neuen Lebenssinn nach der Ablösung älterer Kinder zu finden (Mantel 1987). So ist mit Mantel (1987) folgendes festzuhalten: "Wir wissen, unerwünschte Schwangerschaften sind häufig keine Verhütungspannen, wie dies die meisten meinen. Sie sind oft der Ausdruck von schweren Lebenskonflikten bzw. unbewältigten Lebensproblemen, allerdings auch ein völlig untaugliches Mittel, diese zu lösen, das wird jedoch erst zu spät erkannt" (S. 11).
Jüngere Frauen verschaffen sich zumeist die Gewissheit, dass sie schwanger sind, ohne ihre Eltern zu informieren (Rosen 1980). Viele Frauen reagieren auf die Diagnose mit Verwirrung, Angst, Ärger, Wut und ähnlichen Gefühlen. Manche verneinen die Verantwortung für die eigene Schwangerschaft und fühlen sich von ihren Partnern betrogen. Andere verdrängen zunächst die Schwangerschaft, leben in einer Traum- und Fantasiewelt oder entwickeln Schuldgefühle, weil sie zu impulsiv waren oder ihre Verhütungsmaßnahmen versagt haben. Vor allem für minderjährige Frauen kann die Schwangerschaft ein traumatisches Ereignis sein, verbunden mit Entwicklungskrisen, Identitätskonflikten und Regression. Sie treten in eine neue Lebensphase ein und müssen vom Mädchendasein Abschied nehmen. Viele Betroffene fühlen sich überlastet, hilflos, allein und einsam (Phipps-Yonas 1982; Chiaradonna 1982; Inglis 1984; Kraft et al. 1985; Sailer 1986; Swientek 1986). Bei unverheirateten Frauen werden die genannten Gefühle oft noch durch das Verhalten ihrer Partner verstärkt, die häufig überrascht und schockiert reagieren, die Vaterschaft verneinen oder sich zu heiraten weigern. Sie sehen in der Schwangerschaft einen Versuch, sie zur Ehe zu zwingen. Viele nehmen kaum Rücksicht auf die Gefühle der Frauen, unterstützen sie nicht in ihrer Notlage oder verlassen sie sofort. So fühlen sich viele Frauen ausgenutzt und müssen neben der unerwünschten Schwangerschaft auch ihre enttäuschten Gefühle verarbeiten (Chiaradonna 1982; Inglis 1984; Swientek 1986). Swientek (1986) berichtet, dass laut ihrer Befragung von 75 leiblichen Müttern 14 Kindesväter auf die Mitteilung der Schwangerschaft mit Ablehnung, Misshandlungen oder Verlassen ihrer Partnerin, 6 mit Gleichgültigkeit und 5 mit Ambivalenz reagierten; nur 11 Väter wollten das Kind behalten.
Aber auch viele Eltern kümmern sich nicht um ihre schwangeren Töchter. Laut Swienteks (1986) Befragung wurden nur 5 von 75 Frauen Hilfen seitens ihrer Eltern angeboten. Manche zwingen ihre Töchter, die uneheliche Schwangerschaft zu verbergen, einige Monate vor der Niederkunft in ein Heim zu ziehen oder in einen weit entfernten Ort zu fahren und dort zu entbinden. Sie erarbeiten detaillierte Pläne, um die Schwangerschaft vor der Umwelt (vereinzelt sogar vor Geschwistern) geheimzuhalten. Manche unverheiratete Frauen, die nicht mehr daheim wohnen, informieren hingegen ihre Eltern nicht über ihre Notlage und lehnen jeden persönlichen Kontakt ab, bis sie das Kind ausgetragen haben. Andere Frauen ziehen jedoch in die Herkunftsfamilie zurück und lassen sich von den Eltern versorgen (Phipps-Yonas 1980; Chiaradonna 1982; Swientek 1982, 1986; Shaw 1983; Inglis 1984). Viele verheiratete Frauen finden bei einer unerwünschten Schwangerschaft ebenfalls keine Unterstützung seitens ihrer Ehepartner und Eltern.
Unerwünscht schwangere Frauen, die sich zur Freigabe ihres noch ungeborenen Kindes zur Adoption entschieden haben oder aufgrund des Drucks ihrer interpersonalen Umwelt dazu tendieren, mögen während der Schwangerschaft das Baby ignorieren, hassen und/oder lieben. Manche entwickeln eine enge Bindung an den Fötus, geben ihm einen Namen und sprechen mit ihm. Oft haben sie Mitleid mit ihm und entwickeln Rettungsphantasien (Rynearson 1982; Inglis 1984). Auch reagieren viele mit Freude auf die Geburt des Kindes und entwickeln spontan Muttergefühle (Mohr 1980).
4. Die Freigabe des Kindes zur Adoption
Die meisten unverheirateten Frauen behalten heute unerwünschte Kinder; immer weniger geben sie zur Adoption frei (Musick, Handler und Waddill 1984). Zahlenangaben aus den USA besagen, dass Anfang der 80er Jahre 96% der unerwünscht geborenen Kinder bei ihren Müttern blieben, nur 4% wurden zur Adoption freigegeben (Resnick 1984). Die Gründe für die Freigabe eines Kindes zur Adoption sind vielfältig. Zumeist wird sie nur in Betracht gezogen, wenn aus irgendeinem Grund (z.B. Ignorieren oder Verdrängen der Anzeichen für eine Schwangerschaft) die Frist für einen Schwangerschaftsabbruch versäumt wurde oder dieser aus bestimmten Gründen (z.B. religiöse Motive) abgelehnt wird (Swientek 1982; Inglis 1984; Kaiser 1987). So hätten laut Swientek (1986) mindestens 35 von 75 leiblichen Müttern das zur Adoption freigegebene Kind abgetrieben, wenn sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Viele Frauen geben ihr Kind zur Adoption frei, weil sie sich noch zu jung für ein Kind fühlen und psychologisch nicht auf die Elternschaft vorbereitet sind, weil sie sich für restlos überfordert halten und in Panik geraten oder weil sie persönliche Ziele verfolgen, also z.B. einen Schulabschluss erwerben wollen (Bohman 1980; Mohr 1980; Phipps-Yonas 1980, Chiaradonna 1982; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Swientek 1982, 1986; Deykin, Campbell und Patti 1984; Inglis 1984; Kraft et al. 1985; GZA 1986). Andere wollen das Kind nicht behalten, weil sie Angst vor der Diskriminierung als uneheliche Mutter haben (Jungmann 1980; Rynearson 1982; Inglis 1984; Millen und Roll 1985; GZA 1986). Viele sind zur Berufstätigkeit gezwungen und können sich aufgrund ihres geringen Einkommens kein Kind "leisten" (Bohman 1980; Jungmann 1980; Swientek 1982; Deykin, Campbell und Patti 1984; Inglis 1984; Millen und Roll 1985). So schreibt Napp-Peters (1978) über die von ihr untersuchten 1.362 Adoptionen: "Annähernd 80% aller Mütter waren gezwungen, sich sofort nach der Geburt von dem Kind zu trennen, um für sich, das Kind und weitere Kinder den Lebensunterhalt zu verdienen" (S. 261).
In vielen Fällen geben Frauen auch ihr Kind zur Adoption frei, weil sie es unter den gegebenen Wohnbedingungen nicht aufziehen können. So lebten nach der Untersuchung von Swientek (1986) 10 von 75 leiblichen Müttern in einem möblierten Zimmer. In 23 Fällen wurden sie aufgrund der unerwünschten Schwangerschaft gegen ihren Willen zum Umzug gezwungen, also z.B. von Partnern oder Eltern aus der Wohnung verwiesen oder als "Hausschwangere" in ein Heim geschickt. Generell hatten 20 Mütter objektiv keine Möglichkeit, das Kind unter den gegebenen räumlichen Bedingungen aufzuziehen; weitere 31 Frauen wären von der Zustimmung anderer Personen abhängig gewesen (vgl. Inglis 1984). In vielen Fällen entschließen sich Mütter auch um des Kindes willen für seine Freigabe zur Adoption, weil sie möchten, dass es in Geborgenheit, unter guten materiellen Bedingungen und in einer vollständigen Familie aufwächst (Chiaradonna 1982; Rynearson 1982; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Bornhorn et al. 1985; British Agencies for Adoption and Fostering 1986; Rocke und Lamprecht 1986; von Bieberstein 1989).
Napp-Peters (1978) ermittelte Ende der 1960-er Jahre bei der Untersuchung von 1.362 Adoptionen, dass die Gründe der Mütter für die Freigabe ihrer Kinder in 31% der Fälle überwiegend persönlicher oder familiärer, in 26% ausschließlich finanzieller und in 28% überwiegend wirtschaftlicher, aber auch persönlicher und familiärer Natur waren. Jungmann (1987) stellte bei der Auswertung von 198 West-Berliner Adoptionsakten fest, dass 88% der Mütter ihre Kinder zur Adoption freigaben, weil sie wirtschaftliche Probleme hatten, 74%, weil sie alleinerziehend waren oder keine Beziehung zum Partner bestand, 26%, weil sie zu jung waren, 18%, weil sie sich scheiden ließen, 9%, weil beide Partner das Kind ablehnten, 7%, weil das Kind außerehelich geboren wurde, und 4%, weil Amtsstellen darauf drängten (Mehrfachnennungen).
Manchmal geben unverheiratete Frauen auch ihre Kinder zur Adoption frei, weil sie keinerlei Unterstützung seitens ihrer Eltern oder anderer Verwandten erfahren bzw. von diesen zur Freigabe (eventuell unter der Drohung, dass man sie ansonsten verstoßen würde) gedrängt werden. Oft behandeln sie ihre Töchter wie Mädchen, die etwas falsch gemacht haben und nur wieder "gute" Kinder werden können, wenn sie ihre Säuglinge zur Adoption freigeben. Auch sehen sie in der Freigabe vielfach den einzigen Weg zur Verbesserung der gesunkenen Heiratschancen ihrer Töchter (Mohr 1980; Chiaradonna 1982; Rynearson 1982; Swientek 1982; Shaw 1983; Hoffmann-Riem 1984; Inglis 1984; Kraft et al. 1985; Millen und Roll 1985; Sailer 1986). Vor allem junge Frauen werden in ihrem Entscheidungsprozess noch stark von ihren Müttern beeinflusst, die für sie oft die wichtigsten Personen in ihrem Leben sind (Resnick 1984). So stellte z.B. Rosen (1980) bei der Befragung von 432 schwangeren Teenagern fest, dass in 30% der Fälle die Mütter und in 14% der Fälle die Väter einen großen Einfluss auf die Entscheidung hatten, ob das Kind ausgetragen und behalten, abgetrieben oder zur Adoption freigegeben wurde - wobei im letztgenannten Fall häufiger von einem starken Einfluß der Eltern berichtet wurde (bei 50% der Fälle durch Mutter, bei 31% durch Vater). Diese Zahlen bedeuten aber auch, dass in einem Großteil der Fälle Freundinnen und Partner die Entscheidung schwangerer Minderjähriger beeinflussen bzw. dass sich manche ganz alleine für die Freigabe ihrer Kinder entscheiden (Rosen 1980; Inglis 1984).
Swientek (1986) berichtete, dass ca. 25 von 75 Müttern zumindest vorübergehend mit dem Kind bei den Eltern hätten wohnen können, dass die Hälfte ihrer Mütter (also der Großmütter) nicht berufstätig waren und die Betreuung des Kindes hätten übernehmen können - beides wurde aber abgelehnt. 17 Mütter und 13 Väter der leiblichen Mütter waren für die Adoption bzw. forcierten sie; nur jeweils 9 waren dagegen. Von den letztgenannten bot aber bloß die Hälfte ihre Hilfe an. Swientek schreibt weiter: "Eigene Eltern solidarisieren sich mit dem Kindesvater und/oder dessen Eltern und/oder dem Jugendamt, fordern die Fortgabe des Kindes unter Androhung der Unterlassung jeder psycho-sozialen und materiellen Hilfeleistung in Gegenwart und Zukunft, stellen hingegen alle Hilfen in Aussicht, wenn die Tochter sich artig, willfährig zeigt und das Kind fortgibt" (a.a.0., S. 229).
Auch die Väter der Kinder bieten häufig keine Unterstützung an, drohen mit Trennung oder verlassen ihre Partnerinnen. In anderen Fällen erkennen sie die Kinder nicht an, können diese nicht finanziell unterstützen (z.B. weil sie kein eigenes Einkommen haben) oder drängen zur Adoption, weil sie keinen Unterhalt zahlen wollen (Bohman 1980; Mohr 1980; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Swientek 1982, 1986; Deykin, Campbell und Patti 1984; Inglis 1984).
Manchmal üben auch Sozialarbeiter und Adoptionsvermittler einen mehr oder minder subtilen Druck auf unverheiratete Mütter bzw. Schwangere aus, weil ihnen z.B. ihre Unterstützung durch den Staat als zu teuer erscheint, weil sie die Sozialisationsbedingungen in Familien Alleinerziehender negativ beurteilen oder dringend Kinder für Adoptionsbewerber suchen. Zudem besitzen sie viel Macht, da die leiblichen Mütter unterlegen, ohnmächtig und in Not sind (Napp-Peters 1978; Mohr 1980; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Swientek 1982; Deykin, Campbell und Patti 1984; Kinzinger 1985; Sailer 1986). Swientek (1986) berichtet, dass einige der von ihr befragten 75 leiblichen Mütter auch lückenhaft, unzureichend oder gar falsch über materielle Leistungen des Staates für Alleinerziehende (z.B. Sozialhilfe, Wohngeld) informiert wurden. 27 Frauen, die von sich aus Kontakt mit einem Jugendamt zwecks allgemeiner Beratung aufnahmen, wurden direkt an die Adoptionsvermittler verwiesen; 41 von 75 Frauen wurden nicht über Alternativen zur Adoption unterrichtet. Nur in 4 Fällen wurden ausführliche Gespräche über das Für und Wider der Adoption geführt, in 9 Fällen gab es kein Gespräch und in 58 nur eine kurze Beratung. So ist es nicht verwunderlich, dass sich zu diesem Zeitpunkt nur 11 Mütter umfassend und 14 ausreichend über die Adoption und die mit ihr verbundenen Fragen aufgeklärt fühlten; rund die Hälfte kannte nicht die Bedeutung und Tragweite ihrer Einwilligung in die Adoption, war nicht über die Endgültigkeit und Unwiderruflichkeit ihrer Entscheidung informiert, wusste nichts von der Acht-Wochen-Frist. Auch viele der von Inglis (1984) befragten rund 100 australischen Frauen gaben an, dass die Adoptionsvermittler sie kalt und herablassend behandelt, über Alternativen zur Adoption nicht informiert und über ihre Rechte nur unzureichend aufgeklärt hätten.
Die skizzierte Haltung der Adoptionsvermittler wird oft damit erklärt, dass sie negative Einstellungen gegenüber abgebenden Müttern hätten. So schreibt z.B. die GZA (1986): "Die Weggabe eines so kleinen, hilflosen, bedürftigen Säuglings wird gesellschaftlich und individuell abgelehnt. Die Entscheidung einer abgebenden Mutter wird nicht wirklich nachvollzogen oder akzeptiert, mit abgebenden Müttern können Adoptionsvermittler/innen sich nicht identifizieren. Die Behauptung, der Entschluss, auf das Kind zu verzichten, sei ethisch hoch zu bewerten, ist ideologisch aufgesetzt und steht im Widerspruch zum eigenen Denken und Fühlen" (S. 3). Jedoch erlaubt diese Vorstellung, die Freigabeentscheidung der leiblichen Mütter guten Gewissens herbeizuführen und zu bestätigen (Sailer 1986). Vor allem im Vergleich mit den sehr positiv bewerteten Adoptionsbewerbern, die als potentiell ideale Eltern gelten, respektabel verheiratet sind, gut verdienen und im Gemeinwesen einen hohen Status innehaben, schneiden abgebende Mütter sehr schlecht ab - sie verkörpern Unreife, Hilflosigkeit, Armut, ungehemmte Sexualität, Unmenschlichkeit usw. (Inglis 1984; Sailer 1986). Hinzu kommt, dass sich die Adoptionsvermittler selbst als Vermittler verstehen und weniger als Berater abgebender Mütter - die zudem oft intensive Gespräche ablehnen und den Kontakt nach der notariellen Einwilligung in die Adoptionsfreigabe abbrechen: "Sozialarbeiter/innen haben meist kaum Kontakt zu den abgebenden Müttern, weil diese sich erst kurz vor oder auch erst nach der Entbindung beim Jugendamt melden, oft sehr entschieden auftreten, sich scheinbar alles gut überlegt haben, sich auf Gespräche nicht einlassen, Zweifel und Ambivalenzen von sich weisen, usw." (GZA 1986, S. 2).
Es dürfte offensichtlich sein, dass manche Frauen nur aufgrund dieses Drucks, der unterlassenen Hilfeleistung und der fehlenden Alternativen ihre Kinder zur Adoption freigeben. Sie fügen sich aus Angst, Abhängigkeit, mangelndem Selbstbewusstsein oder Gefühlen der Minderwertigkeit (Swientek 1982). Swientek (1986) schreibt zusammenfassend über die 75 von ihr befragten Frauen, dass weniger als ein Drittel der Adoption freiwillig zustimmten: "Genau ein Drittel der Frauen gab die Kinder 'gezwungenermaßen' frei - weil es keine andere Möglichkeit gab bzw. weil ihnen keine genannt wurden. Ein letztes Drittel fühlte sich gedrängt, überredet, manipuliert. Sie fühlten sich überfordert und machtlos, verstanden nicht, 'um was es ging', mussten sich der Willkür beugen und hatten keine Chance, ihr Kind zu behalten" (a.a.0., S. 300; vgl. Sailer 1986).
Generell scheinen Frauen eher einen Säugling zur Adoption freizugeben, wenn sie jünger sind, aus einer intakten Familie stammen, ihren Eltern gegenüber relativ gehorsam sind, eine gute Beziehung zu ihnen haben, eine höhere Schulbildung erworben oder eine bessere berufliche Position erreicht haben, sehr leistungsmotiviert sind, keinen/kaum Kontakt zum Kindesvater haben oder von diesem wenig beeinflusst werden, ein geringeres Bedürfnis nach einem Liebesobjekt haben, traditionellere Einstellungen über das Familienleben vertreten und reifer sind (Straker und Altman 1979; Simms und Smith 1982; Musick, Handler und Waddill 1984; Resnick 1984).
Aufgrund ihrer großen Zweifel, ihrer Gewissensbisse und inneren Konflikte stellen viele Frauen die Freigabeentscheidung nach der Geburt des Kindes wieder in Frage, verzögern die Freigabe oder versuchen, den Säugling zu behalten. So bleiben die Kinder häufig noch wochen- und monatelang bei den leiblichen Müttern (Seglow, Pringle und Wedge 1972; Chiaradonna 1982; Shaw 1983; Hoffmann-Riem 1984; Bornhorn et al. 1985). Viele Mütter gehen oft einen langen und mühsamen Weg, bis sie sich aufgrund der ungünstigen Umstände und aus einer tiefen Resignation heraus dann doch zur Freigabe ihres Kindes entscheiden. So schreibt Napp-Peters (1978): "Den meisten Müttern war während ihrer Schwangerschaft von ihrem Arzt oder einer befreundeten Person geraten worden, sich an eine familienfürsorgerische Stelle zu wenden, die für sie den Kontakt zu einer Entbindungsklinik oder einem Mutter-und-Kind-Heim herstellte. In der Klinik wurde die junge Frau an die zuständige Krankenhausfürsorgerin weitergeleitet, die herausfand, dass die alleinstehende Frau sich auch mit Adoptionsgedanken trug, und sie daher an eine Adoptionsstelle weiter vermittelte. Nach der Geburt des Kindes stellte man in der Adoptionsstelle fest, dass die Mutter von dem Adoptionsgedanken weitgehend abgerückt oder sehr schwankend geworden war. Man empfahl ihr, sich wegen der Unterbringung des Kindes und benötigter Unterstützung an Jugend- und Sozialhilfestellen zu wenden. Viele Mütter, denen es nach Ablauf der gesetzlichen Schonzeit nicht gelungen war, eine Arbeit zu finden und einen Platz in einer Säuglingskrippe, wo tagsüber für das Kind gesorgt wird, kehrten in der Folgezeit wieder zu der Adoptionsstelle zurück" (S. 167). Erst nachdem andere Wege probiert, aber als nicht gangbar erlebt wurden, wird in diesen Fällen das Kind zur Adoption freigegeben.
Berufstätige alleinerziehende Frauen entscheiden sich manchmal auch für die Freigabe, weil sie aufgrund mangelnder Unterstützung der Mutterrolle nicht gewachsen sind und mit dem Kleinkind auf Dauer nicht fertigwerden. Einige Mütter geben es auch zunächst in eine Pflegestelle oder Heim, da sie hoffen, es später selbst aufziehen zu können - wenn sie z.B. einen Ehepartner gefunden, ihre Ausbildung beendet oder eine gute Stelle erhalten haben. Erst wenn sich die erhoffte Verbesserung ihrer Situation nicht ergibt, entscheiden sie sich für die Freigabe des Kindes (Swientek 1982; Hoffmann-Riem 1984; Kinzinger 1985). Trotz all ihrer Probleme, Belastungen und Konflikte machen aber immer wieder Frauen die Freigabeentscheidung endgültig rückgängig. So berichtet Napp-Peters (1978), dass 1969 einige Adoptionsvermittlungsstellen die Rückzugsquote leiblicher Mütter mit 10 bis 50% angaben.
Verheiratete Frauen geben ihr Kind zur Adoption frei, weil sie krank, gebrechlich oder behindert sind (Bohman 1980). Oft erleben sie auch daheim große Spannungen und Konflikte, so dass sie aufgrund ihrer zerrütteten Ehe und der drohenden oder schon beantragten Scheidung ihr Kind nicht behalten wollen (Bohman 1980; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Kraft et al. 1985; Jungmann 1987). Wurde das Kind vernachlässigt, misshandelt oder sexuell missbraucht, so mögen sie ihr Versagen und ihre Schuld eingestehen und sich deshalb mit einer Adoption einverstanden erklären. Kadushin (1970) meint über die leiblichen Eltern älterer freigegebener Kinder: "It would appear that they wanted to love their children, wanted to care for them. They had neither sufficient margins of physical and emotional strength and energy to be able to adequately care for their children. Their neglect was not willful, and it was probably with regret and some sorrow that they realized their failings as parents" (S. 28). Oft zeigen sie aber auch kein Interesse mehr an den Kindern, besuchen sie also z.B. nicht im Heim oder in der Pflegefamilie, senden keine Briefe und Geschenke, fechten eine vom Gericht genehmigte Adoption nicht an (Kadushin 1970; Adcock und White 1984). Andere sind jedoch nicht bereit, ihre Kinder zur Adoption freizugeben, so dass ihre Einwilligung vom Vormundschaftsgericht ersetzt werden muss.
Wohl den meisten leiblichen Müttern fällt die Entscheidung, ein Kind zur Adoption freizugeben, sehr schwer, bedeutet einen großen Verzicht für sie und kostet viel psychische Kraft und Mut. Zumeist ringen sie sich erst in einem langen und schmerzlichen Prozess zu dieser Entscheidung durch (Buschmann 1980; British Agencies for Adoption and Fostering 1986; Rocke und Lamprecht 1986; Jungmann 1987). Für schwangere Teenager wird die Entscheidung laut einer Studie aus Illinois (Musick, Handler und Waddill 1984) auch dadurch erschwert, dass sie heute nur noch selten in Heime oder zu Verwandten geschickt werden, um ihre Schwangerschaft zu verheimlichen. So bleiben sie in ihrem vertrauten Umfeld - und machen die Erfahrung, dass die meisten Freunde in der Adoption keine Lösung ihrer Probleme sehen, sondern zum Behalten des Kindes oder zum Schwangerschaftsabbruch raten. Aber auch viele Sozialarbeiter scheinen eine Adoption nicht zu empfehlen, wenn sie von schwangeren Minderjährigen aufgesucht werden - sofern sie nicht selbst in der Adoptionsvermittlung tätig sind (a.a.0.).
Als besonders problematisch wird von vielen leiblichen Müttern auch die Situation im Krankenhaus bei und nach der Entbindung erlebt. So machen sie vielfach negative Erfahrungen mit Ärzten, Hebammen, Krankenschwestern und anderen Patienten, die kein Verständnis für ihre Situation zeigen, sie wegen ihrer Freigabeentscheidung verachten oder sie zu überreden versuchen, das Kind doch zu behalten. Manche Frauen wollen in Narkose entbinden, um den Säugling nicht sehen zu müssen. In anderen Fällen wird die Entbindung so gestaltet, dass die Mütter ihr Kind nicht erblicken können. Dann wird es sofort weggebracht, während die Frauen auf die gynäkologische Station verlegt werden und die Geburt totgeschwiegen wird. So soll verhindert werden, dass die Mütter eine spontane Bindung an den Säugling entwickeln bzw. ihre Freigabeentscheidung rückgängig machen. Manchmal wird ihnen aber auch das Kind gegen ihren Willen gezeigt (wird z.B. heimlich in ihr Zimmer gebracht), um sie von ihrem Entschluss abzubringen. Die meisten Mütter berichten, dass es eine ihrer schlimmsten Erfahrungen war, das Krankenhaus ohne ihr Kind verlassen zu müssen. Insbesondere beschäftigt sie die Frage, was wohl jetzt mit ihm geschieht (Chiaradonna 1982; Rynearson 1982; Inglis 1984; Bornhorn et al. 1985; Swientek 1986).
5. Die Verarbeitung der Freigabeentscheidung
In einigen Fällen empfinden leibliche Mütter Erleichterung nach der Freigabe ihres Kindes zur Adoption - z.B. wenn sie vergewaltigt wurden oder einen starken Hass gegen den Kindesvater verspüren (Mohr 1980; Simms und Smith 1982; Lion 1986). Vereinzelt verstehen sie diese Reaktion nicht und entwickeln intensive Schuldgefühle, weil sie keinen Schmerz wegen der Fortgabe ihres Kindes erleben (Chiaradonna 1982). Einige leibliche Mütter möchten auch ihre Freigabeentscheidung und das Kind so schnell wie möglich vergessen, da sie eine entstehende Partnerschaft damit nicht belasten wollen oder Angst haben, dass der neue Partner sie wegen ihres Verhaltens verachten und nicht heiraten könnte. So erkundigen sie sich bei der Adoptionsvermittlungsstelle, wie lange sie noch mit ihr zu tun haben werden und wer etwas von der Angelegenheit erfahren könnte (Swientek 1982). Einigen leiblichen Müttern gelingt es, das Kind schnell zu vergessen (Sorosky, Baran und Pannor 1982).
Für viele Frauen ist die Freigabe ihres Kindes zur Adoption jedoch nicht ein neuer Anfang oder die Lösung aller Probleme, wie ihnen erzählt wurde oder wie sie es erwartet haben. Sie verspüren eine enge Bindung an das Kind und empfinden intensive Gefühle für es, obwohl sie es kaum gesehen haben. Oft sind sie von der Intensität ihrer Gefühle verwirrt (Chiaradonna 1982; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Inglis 1984; Millen und Roll 1985; Sailer 1986). So gelingt es vielen leiblichen Müttern nicht, ihre Freigabeentscheidung in kurzer Zeit zu verarbeiten (Mohr 1980; Chiaradonna 1982; Swientek 1982). Sie denken immer wieder über Schwangerschaft, Geburt und Fortgabe des Kindes nach (Lindsay und McGarry 1984). Viele Jahre lang empfinden sie Verlustgefühle, Trauer und Schmerz (Mohr 1980; Roberts und Robie 1981; Chiaradonna 1982; Simms und Smith 1982; Sorich und Siebert 1982; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Deykin, Campbell und Patti 1984; Inglis 1984; Schulz 1984; Kraft et al. 1985; Millen und Roll 1985; Curtis 1986; Lion 1986; Sailer 1986), Schuldgefühle, Reue, Gewissensbisse und selbstquälerische Vorwürfe (Mohr 1980; Roberts und Robie 1981; Chiaradonna 1982; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Lindsay und McGarry 1984; Schulz 1984; Millen und Roll 1985; Mantel 1987), Gefühle der Wertlosigkeit und mangelnden Selbstachtung (Chiaradonna 1982; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Deykin, Campbell und Patti 1984; Inglis 1984) sowie Ärger (Millen und Roll 1985). Manche fühlen sich auch verstümmelt und leer - als ob sie einen Teil ihrer selbst verloren hätten (Inglis 1984; Kraft et al. 1985; Millen und Roll 1985). Swientek (1986) stellte bei der Befragung von 75 deutschen Frauen fest, dass nur 15 die Freigabe zur Adoption positiv erlebten - 32 berichteten von Depressionen, 31 von Trauer, 27 von großer Hilflosigkeit, 22 von Selbstmordgedanken, -wünschen und -fantasien, 15 von einem Verlust und 11 von Schuldgefühlen. Weitere Erlebnisweisen waren Schmerz, Entsetzen, Aggressivität, Wut, Betäubung, dumpfes Vegetieren, Resignation usw.
Manche Frauen reagieren auf die intensiven Gefühle und inneren Konflikte mit Abwehrmechanismen wie Verdrängung und Verneinung (Rynearson 1982; Swientek 1982; Inglis 1984; Millen und Roll 1985). Andere zeigen hingegen panik- und fluchtartige Reaktionen. So wechselten direkt nach der Freigabe 23 der 75 von Swientek (1986) befragten Mütter die Wohnung, 19 den Wohnort, 18 den Arbeitsplatz und 8 den Freundeskreis; 11 suchten sich einen neuen Partner. Aber selbst der Einsatz von Abwehrmechanismen verhindert nicht, dass sich leibliche Mütter zumindest in Träumen und Phantasien weiter mit ihren Kindern beschäftigen. So wird deutlich, dass viele leibliche Mütter die Endgültigkeit der Trennung von ihren Kindern nicht akzeptieren (Mohr 1980; Chiaradonna 1982; Rynearson 1982; Inglis 1984; Kraft et al. 1985; Millen und Roll 1985; Swientek 1986). Hinzu kommt, dass mit dem Unterzeichnen der Freigabeerklärung nicht jeglicher Kontakt mit amtlichen Stellen bezüglich der Adoption beendet ist: "Bis zum Abschluss der Adoption wird die leibliche Mutter 'von außen' immer wieder an ihr Kind erinnert. Sie wird um Krankenscheine angefragt, muß sich amtsärztlich untersuchen lassen, muss Unterlagen herbeischaffen. Eine Konfrontation mit der Realität findet also noch mindestens zwölf bis achtzehn Monate nach Freigabe des Kindes statt" (Swientek 1982, S. 74). Eine Verarbeitung der intensiven Gefühle und inneren Konflikte wird auch dadurch erschwert, dass die Kinder noch existieren und dass die Mütter sie selbst fortgegeben haben (Buschmann 1980; Rynearson 1982; Kraft et al. 1985; Millen und Roll 1985). Ferner empfinden die Frauen, dass ihr Verhalten im Widerspruch zu der internalisierten traditionellen Frauen- und Mutterrolle steht (Swientek 1986).
Die Verarbeitung der Adoptionsfreigabe wird ferner dadurch erschwert, dass leibliche Mütter oft wenig Gelegenheit zur Aussprache haben. Sie stellen sehr schnell fest, dass es leichter ist, über die Abtreibung eines Kindes als über dessen Freigabe zur Adoption zu sprechen. So stoßen sie auf Unverständnis, Ablehnung und Diskriminierung seitens der Verwandten, Freunde, Kollegen und Nachbarn, müssen den kritischen Fragen Gleichaltriger standhalten und sich mit der Stigmatisierung durch die Gesellschaft auseinandersetzen, da sie entgegen deren Leitbilder, Normen und Sitten gehandelt haben. Deshalb fühlen sich leibliche Mütter in den Wochen und Monaten nach der Freigabe ihres Kindes häufig sehr einsam und in ein psychisches Abseits gerückt, können ihre inneren Konflikte und Emotionen mit niemanden besprechen (Buschmann 1980; Mohr 1980; Chiaradonna 1982; Swientek 1982; Inglis 1984; Schulz 1984; Millen und Roll 1985; Lion 1986; Rocke und Lamprecht 1986; Kaiser 1987). Es ist nicht verwunderlich, dass sie in dieser Situation ärgerlich und bitter gegenüber ihrer Familie, ihren Freunden und den Adoptionsvermittlern sind, die sie nicht verstehen und unterstützen. Auch geben sie ihnen vielfach einen Teil der Schuld dafür, dass sie ihr Kind freigegeben haben. Sie klagen sie an, weil sie ihnen gesagt hätten, dass sie nach der Freigabe ihr Leben wie zuvor weiterleben könnten, anstatt sie auf innere Konflikte, Trauer, Schuldgefühle usw. vorzubereiten. Manche Frauen übernehmen jetzt eine Opferrolle, während einige andere sich auflehnen, also z.B. die Adoption rückgängig machen wollen, Rechtsanwälte konsultieren, die Anschrift der Adoptivfamilie ausfindig zu machen versuchen oder Bilder von ihrem Kind verlangen (Chiaradonna 1982; Kinzinger 1985; Millen und Roll 1985; Swientek 1986).
Swientek (1986) stellte bei ihrer Befragung von 75 leiblichen Müttern fest, dass nur fünf Frauen eine Beratung oder Betreuung nach der Adoption seitens der Adoptionsvermittler angeboten wurde. Knapp der Hälfte wurde gesagt, dass sie später Auskunft über das Ergehen ihrer Kinder erhalten könnten. Mit Ausnahme von vier Müttern wurden aber alle stereotyp und unfreundlich abgefertigt, wenn sie von diesem Angebot Gebrauch machten. Das mag auch daran liegen, dass viele Adoptiveltern reserviert reagieren, wenn sie nach Ablauf der Adoptionspflegezeit Auskunft über das Verhalten ihrer Kinder geben sollen - insbesondere, wenn diese Informationen an die leiblichen Mütter weitergeleitet werden sollen. Generell dürften sich aber nur einige Frauen immer wieder nach ihrem Kind erkundigen (Napp-Peters 1978; Sorosky, Baran und Pannor 1982; Bornhorn et al. 1985; Kaiser 1987).
Die mangelnde Verarbeitung der Freigabeentscheidung äußert sich häufig in psychischen oder psychosomatischen Störungen (Sorosky, Baran und Pannor 1982; Inglis 1984; Millen und Roll 1985; Curtis 1986; Sailer 1986; Swientek 1986; Mantel 1987), in negativen Gefühlen über die eigene Sexualität, Angst vor zukünftiger Infertilität und sexuellen Problemen (Chiaradonna 1982; Rynearson 1982; Millen und Roll 1985) oder in Depressionen (Mohr 1980; Simms und Smith 1982; Deykin, Campbell und Patti 1984; Inglis 1984; Millen und Roll 1985; Mantel 1987). Vereinzelt wird auch von weiteren (unehelichen) Schwangerschaften berichtet, durch welche die Freigabeentscheidung gewissermaßen rückgängig gemacht werden soll (Rynearson 1982; Simms und Smith 1982; Swientek 1986). Swientek (1986) ermittelte, dass von 75 leiblichen Müttern 58 unter Beschwerden und Krankheiten litten wie z.B. Bulimie (2), Esszwang (2), Magersucht (5), Suchttendenzen (6), Störungen des Kreislaufsystems (5), Schlafstörungen (4), Selbstmordtendenzen (12) oder ärztlich diagnostizierten Depressionen (8), die einige Zeit nach der Freigabe ihrer Kinder zum ersten Mal auftraten.
Trotz belastender Probleme und Beschwerden setzen sich viele leibliche Mütter erst nach einschneidenden Lebensereignissen wieder mit der Freigabeentscheidung auseinander. Sie versuchen, diese z.B. in intensiven Gesprächen mit einigen wenigen Vertrauten, in langen Tagebuchaufzeichnungen, in Gedichten oder einem Studium der Psychologie bzw. Sozialarbeit zu bewältigen. Manche unterziehen sich auch einer psychotherapeutischen Behandlung (Inglis 1984; Swientek 1986). Jedoch wird auch aus West-Berlin berichtet, dass das Interesse an einer Selbsthilfegruppe für leibliche Mütter von Adoptivkindern sehr gering war (Kaiser 1987).
In den meisten Fällen verliert jedoch wohl der Trauerprozess im Verlauf der Zeit an Intensität, mag aber am Geburtstag des Kindes oder am Jahrestag der Freigabe wieder stärker werden (Rynearson 1982; Inglis 1984). So mögen die leiblichen Mütter über Jahrzehnte hinweg noch Gewissensbisse haben, immer wieder an das Kind denken und sich fragen, ob es noch am Leben ist, ob es gesund und glücklich ist und wie es sich wohl entwickelt. Oft haben sie Angst, dass das Kind nicht verstehen kann, wieso es zur Adoption freigegeben wurde, dass es auf sie ärgerlich ist, sie innerlich anklagt und ablehnt (Chiaradonna 1982; Sorich und Siebert 1982; Sorosky, Baran und Pannor 1982, Lindsay und McGarry 1984). Einige machen sich auf der Grundlage des eigenen Aussehens oder des Äußeren des leiblichen Vaters ein Bild von dem Kind (Millen und Roll 1985).
Manchmal wird die Sehnsucht nach dem Kind selbst nach der Geburt weiterer Kinder kaum schwächer - wobei die Mütter oft Schuldgefühle haben, weil sie sich nach einem Kind sehnen, das zu einer anderen Familie gehört und neue Eltern hat (Lindsay und McGarry 1984). Swientek (1986) ermittelte, dass 73 von 75 leiblichen Müttern noch viele Jahre nach der Freigabeentscheidung ein großes Interesse an dem Ergehen ihrer Kinder äußerten und hofften, dass diese nach ihnen suchen werden. Sie möchten sie wissen hassen, dass sie immer an sie denken, möchten ihnen ihre Sicht von der Adoption erklären, sie um Verzeihung bitten und ihnen verdeutlichen, dass sie ordentliche Bürger geworden sind. Allerdings haben sie auch Angst vor einem Wiedersehen und vor einer eventuellen Zurückweisung durch die Kinder (Sorosky, Baran und Pannor 1982).
6. Späteres Ehe- und Familienleben
Ein großer Teil der leiblichen Mütter ändert radikal ihr Leben nach der Adoption: "Für viele Mütter hat sich mit der Abgabe des Kindes wesentliches entschieden - viele haben ihr Leben später nicht mehr so weitergeführt wie begonnen. Sie haben sich radikal von ihrer Vergangenheit getrennt: von Freunden, der Arbeitsstelle, der Wohnung, den Eltern, dem Kindesvater, der Heimatstadt" (Swientek 1986, S. 350). Auch ändert sich ihre Haltung gegenüber Männern und Kindern. So standen z.B. 12 von 75 Frauen, die von Swientek (1986) befragt wurden, einer neuen Partnerschaft ambivalent gegenüber; 12 leibliche Mütter lehnten Männer generell ab. 10 Frauen wollten sobald wie möglich und neun (vielleicht) später ein weiteres Kind, 14 waren ambivalent und 21 wollten keine weiteren Kinder (allerdings zwei aufgrund ihres Alters, 11 wegen eigener Kinder) (vgl. Inglis 1984). Auf längere Sicht dürfte jedoch nur ein knappes Viertel der leiblichen Mütter von Adoptivkindern unverheiratet bleiben (Sorosky, Baran und Pannor 1982; Bachrach 1983; Deykin, Campbell und Patti 1984; National Commitee for Adoption 1985). Viele von ihnen betrachten ihre Einsamkeit als Strafe, sehnen sich nach ihrem Kind und machen sich Vorwürfe wegen seiner Freigabe (Swientek 1982).
Mehr als drei Viertel der Mütter heiraten irgendwann nach der Freigabe eines nichtehelichen Kindes (s.o.). Manche erzählen ihren Ehepartnern nichts von dem Kind und leben oft in großer Angst, dass ihr Mann (oder später geborene Kinder) durch Zufall von der Adoption erfahren könnten (Sorosky, Baran und Pannor 1982; Swientek 1982; Lindsay und McGarry 1984). Wurde der Ehemann hingegen über die Adoption informiert, so mag dieses einen negativen Einfluss auf die eheliche Interaktion haben und interpersonale Probleme (Inglis 1984) verursachen - wie bei 71% von 280 Mitgliedern von "Concerned United Birthparents". Bei ihnen lag jedoch die Scheidungsrate mit 15% weit unter dem Durchschnitt (Deykin, Campbell und Patti 1984). Von vielen Ehekonflikten berichten auch diejenigen Frauen, die später den leiblichen Vater des zur Adoption freigegebenen Kindes geheiratet haben. Oft würden sie mehr durch den miteinander geteilten Schmerz als durch andere Gemeinsamkeiten vereint (a.a.0.).
Bei der gerade erwähnten Befragung von Mitgliedern von "Concerned United Birthparents" wurde auch festgestellt, dass 16,2% der leiblichen Mütter später unter sekundärer Infertilität litten - ein Prozentsatz, der in den USA um 170% über dem Durchschnitt liegt (Deykin, Campbell und Patti 1984). Swientek (1986) kam bei ihrer Untersuchung in der Bundesrepublik Deutschland zu einem ähnlichen Ergebnis. Sie ermittelte, dass 16 von 75 leiblichen Müttern unfruchtbar wurden. So ist es nicht verwunderlich, dass vereinzelt biologische Eltern später selbst adoptieren (Hoksbergen und Bunjes 1986). Generell scheinen aber rund 60% der leiblichen Mütter weitere Kinder zu gebären (Deykin, Campbell und Patti 1984; National Commitee for Adoption 1985). Zumeist freuen sie sich sehr auf die Kinder und bereiten sich sorgfältig auf ihre Ankunft vor. Jedoch mag ihre Geburt auch die Erinnerung an das zur Adoption freigegebene Kind und die damit verbundenen Gefühle der Reue, Trauer, Schuld, Wut usw. wiederbeleben (Rynearson 1982; Deykin, Campbell und Patti 1984).
Die Freigabe eines Kindes zur Adoption wirkt sich auf das spätere Erziehungsverhalten der Mütter aus. So schreiben Deykin, Campbell und Patti (1984) über ihre Befragung von Mitgliedern von "Concerned United Birthparents", dass fast 80% von 219 Müttern später geborene Kinder überbehüteten, sich zwanghaft Sorgen um ihre Gesundheit machten und Schwierigkeiten hatten, ihre Ablösung zu akzeptieren. Sie glaubten auch, dass sie sich ihren Kindern näher als andere Eltern fühlten und mehr Anteil an ihrem Leben nähmen. Auch Rynearson (1982) berichtet davon, dass diese Mütter zu einem überbehütenden Erziehungsstil tendieren. Zudem hätten sie häufig Angst, dass Töchter später ebenfalls unter einer unehelichen Schwangerschaft mit all ihren negativen Konsequenzen leiden könnten. Deutlich wird jedenfalls, dass die Freigabe eines Kindes zur Adoption einen großen Einfluss auf das ganze weitere Leben der betroffenen Frauen ausübt.
Schlussbemerkung
In diesem Artikel wurden die komplexe Notlage der leiblichen Mütter von Adoptivkindern zum Zeitpunkt der Trennung von ihren Kindern, die Freigabegründe, die Verarbeitung der Freigabeentscheidung und die Konsequenzen für das weitere Leben der Mütter skizziert (über leibliche Väter waren mangels Information - trotz gründlicher Recherchen in mehreren Datenbanken - so gut wie keine Aussagen möglich). Es fällt auf, dass viele psychische und interpersonale Probleme, die aus der Fortgabe von Kindern resultieren, den seelischen Reaktionen von Frauen ähneln, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließen. Obwohl auch über diese Population nur wenig Forschungsergebnisse vorliegen, lassen diese vermuten, dass bis zu einem Viertel der Frauen noch ein Jahr nach der Abruptio unter psychischen Problemen (Depressionen, seelische Instabilität, Schuldgefühle, Reue usw.) und einer Verschlechterung der sexuellen Anpassung leiden. Zwischen 20% und 30% trennen sich innerhalb der nächsten 18 Monate von ihren Partnern, von denen sie zumeist nur wenig während der Schwangerschaft und nach der Abtreibung unterstützt wurden (Runte 1978; Goebel 1984; Wille, Barnett und Freudenberg 1987).
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