Wie finde ich einen guten Kindergarten?

Martin R. Textor

 

Eltern können Kindertagesstätten im Gegensatz zu Grundschulen frei wählen. So können sie diejenige Einrichtung für ihr Kind auswählen, die am meisten ihren Erwartungen und Bildungsansprüchen entspricht - sofern es dort freie Plätze gibt. Ein guter Kindergarten, in dem neben Betreuung und Erziehung auch Bildung realisiert wird, zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass

  1. eine Konzeption vorliegt, in der die Ziele und Methoden der pädagogischen Arbeit beschrieben werden und die die Eltern schon vor Anmeldung ihres Kindes erhalten,
  2. ein etablierter frühpädagogischer Ansatz (insbesondere Situationsansatz, Reggio-Pädagogik, Montessori-Pädagogik, Waldorfpädagogik) umgesetzt wird,
  3. Eltern die Möglichkeit haben, den Kindergartenalltag live zu erleben - z.B. vor Aufnahme des Kindes in die Gruppe durch Schnuppertage oder Vorbesuche und nach der Aufnahme durch Hospitationen, Videoaufnahmen usw.,
  4. sich die Kinder wohl fühlen und engagiert beschäftigt sind - also sich nicht langweilen und selbst überlassen sind,
  5. die Kinder allseitig und ganzheitlich gefördert werden, also z.B. auch durch mathematische, naturwissenschaftliche und musische Bildungsangebote,
  6. großer Wert auf die Sprachförderung gelegt wird, beispielsweise durch Morgenkreise, Kinderkonferenzen, Lese- und Erzählstunden, Bilderbuchbetrachtungen,
  7. die Kinder und ihre Kreativität ernst genommen werden, also z.B. die Räume und Fenster nicht mit Erzieherinnenprodukten oder schablonenartigen Kinderprodukten dekoriert sind, sondern mit echten Kunstwerken der Kinder,
  8. die Kinder in Alltagsaktivitäten wie Tischdecken, Blumengießen, die Anwesenheit Feststellen, Aufräumen usw. einbezogen werden,
  9. die Erzieher/innen mit dem Kindern liebevoll umgehen, sie ermutigen und unterstützen, Mädchen und Jungen gleichermaßen fördern, behinderte oder verhaltensauffällige Kinder integrieren,
  10. die Fachkräfte sowohl mit der ganzen Gruppe als auch mit Kleingruppen und einzelnen Kindern arbeiten sowie auch längerfristige Projekte durchgeführt werden,
  11. die Räume so ausgestattet sind, dass Kinder in verschiedenen Ecken ganz unterschiedlichen Betätigungen nachgehen können (z.B. Rollenspielbereich, Computer-Arbeitsplatz, Bastelecke/ Maltisch, Bewegungsbaustelle, Bilderbuch-/ Kuschelecke),
  12. das Außengelände so gestaltet ist, dass Kinder möglichst viel Bewegung haben und ganz unterschiedliche Muskelgruppen beansprucht werden (z.B. Möglichkeiten zum Rennen, Klettern, Kriechen, für Sand- und Wasserspiele, für Gartenarbeit); sie sollten möglichst jeden Tag längere Zeit draußen sein,
  13. möglichst oft die Umgebung des Kindergartens erkundet wird - also Wälder, Wiesen und Felder, landwirtschaftliche und handwerkliche Betriebe, Häuser und Gärten, Geschäfte und Märkte, Kirchen und Museen.
  14. die Erzieherinnen eine Erziehungspartnerschaft mit den Eltern anstreben, indem sie z.B. unregelmäßig mit ihnen über ihr Kind, dessen Entwicklung und Erziehung sprechen,
  15. der Kindergarten in das Gemeinwesen eingebettet ist und mit Institutionen wie Grundschule, Erziehungsberatung, Jugendamt, Frühförderstelle usw. kooperiert.

Bei derzeit besonders aktuellen Forderungen - z.B. Fremdsprachenlernen oder Computernutzung im Kindergarten - sollte sichergestellt sein, dass diese Angebote nicht übertrieben werden und kindgerecht von kompetenten Personen durchgeführt werden (die z.B. die Fremdsprache wirklich beherrschen). Schulisches Lernen, Arbeitsblätter u.ä. haben im Kindergarten nichts zu suchen; das spielerische, selbsttätige, lebensnahe, entdeckende, exemplarische Erfahrungslernen sollte im Vordergrund stehen.