Mit Zug und Linienbus durch Europa: unser Reisestil

Ingeborg Becker-Textor und Martin R. Textor

 

Neben der Arbeit hat auch immer das Reisen eine große Rolle in unserem Leben gespielt. Dank Überstundenausgleich und einer gezielten Nutzung von Brücken- und Feiertagen konnten wir für bis zu acht Wochen im Jahr verreisen. In jüngeren Jahren standen vor allem Fernreisen an. In den letzten 20 Jahren überwiegen aber selbst organisierte Reisen mit Bahn und Bus. Wir können sie ganz individuell entsprechend unserer Wünsche, Vorlieben und Bedürfnisse planen. Zudem verreisen wir nie während der Hauptsaison - in der übrigen Zeit sind die Übernachtungspreise niedriger, ist das Personal in Hotels und Restaurants weniger gestresst und eher zu einem "Schwätzchen" bereit.

Seit einiger Zeit ignorieren wir weitgehend Empfehlungen, was man "gesehen haben muss", zumal solche Sehenswürdigkeiten in der Regel überlaufen sind sowie die Geschäfte und Restaurants in deren Nähe häufig an den Geschmack von Touristen angepasst wurden. Außerdem haben wir die meisten berühmten Sehenswürdigkeiten schon auf früheren Reisen besichtigt. Heute bevorzugen wir Orte, über die im Reiseführer nur wenige Zeilen stehen, die man nur auf sehr differenzierten Landkarten findet und die oft nicht einmal die Einheimischen in anderen Landesteilen kennen.

Zunächst war Italien unser Hauptziel, wobei wir uns bei jeder Reise auf ein bis zwei Provinzen konzentrierten. In den zwei bis drei Reisewochen hatten wir somit Zeit für die Entdeckung weniger bekannter Orte, konnten wir die eine oder andere Wanderung "einschieben". Bald kamen weitere europäische Länder hinzu, sofern sie von Deutschland aus relativ gut zu erreichen waren. Heute besuchen wir auch gerne Städte, die wir auf früheren Reisen zu lieben gelernt haben, und fahren von dort mit Linienbussen in entlegene Ortschaften. Oft kommen wir dabei mit Einheimischen ins Gespräch und erhalten so interessante Insidertipps.

Wir erleben Bahnreisen als sehr entspannend. Zudem kann man die vorbei ziehende Landschaft viel bewusster wahrnehmen und genießen, als wenn man hinter dem Steuer sitzt oder als Beifahrer mit auf den Verkehr achtet. Außerhalb Deutschlands sind auch nahezu alle Züge pünktlich, und der Service ist meist besser. Dank Internet lassen sich verlässliche Bahnverbindungen in entlegenste Winkel Europas vorab ermitteln. Nur Privatbahnen und Buslinien sind gelegentlich nicht über einschlägige Websites aufrufbar. Kennt man jedoch die großen (über-) regionalen Busunternehmen, dann lassen sich auch leicht deren Fahrpläne finden. Nicht selten waren wir auf manchen Strecken die einzigen Fahrgäste. Wir nennen das dann "Taxi-Bus". Und so mancher Busfahrer informierte uns über Sehenswürdigkeiten oder traditionelle Einkehrmöglichkeiten. Nicht selten ließ er uns auch abseits der nächsten Haltestelle aussteigen, zielgenau!

An den beschriebenen Reisen können Sie sich hinsichtlich der Reisezeiten und der Zahl der Umstiege orientieren, selbst wenn die Verbindungen nicht mehr aktuell sind. Sie werden feststellen, dass man mit dem Zug genauso schnell wie mit dem Auto seine Reiseziele erreicht - und zumeist mitten in den Orten "landet". Parkplatzsuche und hohe Parkgebühren - insbesondere in Städten und touristisch interessanten Orten - tangieren Sie nicht mehr.

Unserer Erfahrung nach ist es oft preiswerter, die Fahrkarten in Deutschland oder vor Ort zu kaufen (insbesondere wenn man eine BahnCard 50 mit Railplus besitzt) als von Interrail-Angeboten Gebrauch zu machen, die es inzwischen auch für Erwachsene und Senioren gibt. Letztere rechnen sich nur, wenn man sehr lange Strecken außerhalb Deutschlands bzw. in dem jeweiligen Zielland zurücklegt. Wenn Sie dann wie wir zumeist mehrere Tage an einem Ort verbringen, empfehlen sich Interrail-Angebote, die Sie nur an x Tagen innerhalb von x Wochen nutzen können und die dementsprechend preiswerter sind. In einigen Ländern gibt es für Senioren auch Rabatte, z.B. in Norwegen: Sind Sie 67 Jahre und älter, müssen Sie nur 50% des regulären Ticketpreises zahlen. Bei Ehepaaren und registrierten Partnerschaften muss nur einer der beiden Partner so alt sein - beide können dann den Seniorenrabatt in Anspruch nehmen.

Wenn Sie wie wir Ihre Reisen längerfristig planen können, sollten Sie die Fahrkarten schon einige Monate im Voraus kaufen, weil Sie dann zumeist Sonderpreise erhalten. Beispielsweise sind wir vor einigen Jahren für gerade einmal 45 Euro pro Person von Würzburg nach Lund (Schweden) gereist. Nach Stockholm hätten wir den regulären Fahrpreis zahlen müssen - es lohnt sich also zu fragen, ob es für einen Ort auf der Fahrstrecke noch Sparpreise gibt...

Zur Planung unserer Reisen nutzen wir überwiegend Reiseführer vom Michael Müller Verlag, da sie Angaben über Bahn- und Buslinien enthalten sowie Auskunft geben über die Lage der Bahnhöfe und Busbahnhöfe. Bei früheren Reisen buchten wir Hotelzimmer vor Ort, weil wir auf diese Weise flexibel blieben, also z.B. kurzfristig die Aufenthaltsdauer oder die Reiseroute ändern konnten. Allerdings zahlt man dann in der Regel den vollen Preis - die Hoteliers wissen, dass Gäste, die abends mit ihrem Gepäck an der Rezeption stehen, nur selten weiterziehen, weil ihnen die Übernachtung zu teuer ist.

Mit zunehmendem Alter ist es uns wichtiger geworden, vorab zu wissen, wo wir wohnen. Nun buchen wir durchaus zwei bis drei Monate im Voraus - und haben auf diese Weise schon so manches "Schnäppchen" gemacht. Dabei nutzen wir Booking.com, da wir die Beurteilungen von Hotels, Ferienapartments und B&B-Zimmern als sehr verlässlich erlebt haben und uns nun an ihnen orientieren. Zudem werden die Entfernungen zu den Bahnhöfen angegeben, können Stadtplanauszüge mit dem Weg vom Bahnhof zur Unterkunft ausgedruckt werden. Bei den hier beschriebenen Reisen haben wir aber darauf verzichtet, die von uns genutzten Hotels anzugeben, da die Auswahl von Ihrem Reisebudget und Ihren Vorlieben abhängt - die möglicherweise nicht den unsrigen entsprechen.

Und noch etwas ist wichtig: Reisen mit Zug und Bus erfordern ein Umdenken, was das Gepäck betrifft. Sie sollten es so minimal wie möglich halten. Am besten nehmen Sie bügelfreie Kleidung und schnell trocknende Wäsche mit. Mit einem Waschmittel aus der Tube können Sie Kleidungsstücke auswaschen und in der Dusche trocknen - schon sind Sie für die nächste Reiseetappe wieder frisch gekleidet! Da Sie sich nur kurz an einem Ort aufhalten, begegnen Ihnen nach wenigen Tagen andere Menschen und keiner denkt: "Na, die hat wohl immer die gleiche Bluse an!" Auch "Schälkleidung" ist sinnvoll: Je nach Temperatur tragen Sie mehr oder weniger Kleidungsstücke übereinander.

Und noch ein Hinweis: Unsere Art des Reisens eignet sich auch für ältere Personen. Inzwischen sind wir über 70 Jahre alt und nicht mehr so mobil wie früher. Wir nehmen uns jetzt einfach mehr Zeit (siehe hierzu auch die Vorbemerkungen zur Reise nach Ligurien, die im Jahr 2024 stattfand). Also lassen auch Sie sich mutig auf Abenteuer wie die Folgenden ein - unabhängig von Ihrem Alter!

Auf vielen Reisen haben uns ein bis vier Freunde begleitet (immer dieselben). Man kann sich dann wechselseitig auf Beobachtetes und schöne Fotomotive aufmerksam machen. Und für gute Unterhaltung ist immer gesorgt. Allerdings sollte man bereit sein, die Interessen und Wünsche der Reisebegleiter zu berücksichtigen. Manche Tage gestalten sich dann ganz anders, als man dies zu zweit geplant hat.

Bei den den Reisebeschreibungen handelt es sich nur um eine Auswahl, vor allem über längere Touren und solche, zu denen noch Texte gespeichert waren. Wir haben z.B. auch viele Reisen mit dem Zug innerhalb Deutschlands unternommen, oft in Anschluss an Fortbildungs- und Vortragstermine. Ferner haben wir jedes Jahr um Silvester herum ca. 10 Tage in Italien verbracht, aber immer nur an einem Ort (z.B. Trento, Verona, Trieste, Padua, Chioggia, Iseo). Diese Aufenthalte sind in der Regel nicht dokumentiert worden.

Seit 2010 nehmen wir Fotos von unseren Reiseeindrücken mit einer Digitalkamera auf. So haben wir im Jahr 2021 Fotogalerien zu den einzelnen Reisen zusammengestellt und gleich nach der jeweiligen Reisebeschreibung auf unserer Website veröffentlicht. Sie enthalten leider nur einen Bruchteil der vorhandenen Fotos. Von früheren Reisen gab es nur Dias.